⚖️ Stiftung Warentest verurteilt und soll Millionen Schadensersatz zahlen

Auch die Dienstleister, die eigentlich dafür da sind, damit wir bei der Entscheidung eines Kaufes das richtige und „beste“ Produkt kaufen, machen Fehler, die dann zu einem Schadenersatz führen können. In diesem Fall traf es Stiftung Warentest mit einem Testbericht über einen Feuermelder, der mit „mangelhaft“ bewertet wurde – zu Unrecht, wie sich später herausstellte.

Stiftung Warentest testete Brand- und Rauchwarnmelder

In einem Testbericht mehrerer Rauchwarnmelder aus dem Jahr 2020 bewertete die Stiftung den Hersteller Pyrexx und dessen Melder mit der Note „mangelhaft“ und mit der Begründung, dass dieser „zu spät alarmieren sollte“, was nach solchen Tests für den Hersteller ein immenser Schaden bedeutet. Gerade in den Verkaufszahlen macht sich dies mehr als deutlich bemerkbar. Stiftung Warentest gab einem belgischen Prüfinstitut den Auftrag für die Tests.

Aber auch der verursachte Image-Schaden für den Hersteller brachte ihn dazu, gegen diesen Test gegenanzugehen und reichte deshalb Klage beim Landgericht in Frankfurt mit einer Hauptsacheklage ein. Hier war es das erste Ziel der Stiftung, mit einer Unterlassungsverfügung die Tests verbieten zu lassen, bis die Ursache gefunden wurde, damit im späteren Verlauf ein neuer Test gestartet werden kann.

⚖️ Stiftung Warentest verurteilt und soll Millionen Schadensersatz zahlen

Wäre die Klage abwendbar gewesen?

Ja, denn der Hersteller, der nicht einfach grundlos klagen wollte, hatte sich bemüht, die Testberichte mit den von Stiftung Warentest in Auftrag gegebenen Testbedingungen einzusehen und um zu schauen, wo das Problem mit ihren Produkten vorhanden sein sollte.

Doch genau hier entstand ein großes Problem, welches grundsätzlich verhinderbar gewesen wäre – jedenfalls für Stiftung Warentest. Die Stiftung wollte die Testberichte inklusive Testbedingungen nicht freiwillig zur Verfügung stellen. Kölner Zivilgerichte entschieden zunächst für Stiftung Warentest und bekräftigte die Entscheidung, die Tests nicht herausgeben zu müssen. Zwar verstand und erkannte man den Hintergrund seitens des Herstellers, aber dadurch, dass die Mitarbeiter des belgischen Prüfinstituts per Eid versichert hatten, dass alle Tests nach DIN-Normen durchgeführt wurden, liegt die Darlegungs- und Beweispflicht für die Fehlerhaftigkeit beim Hersteller Pyrexx.

Bei dieser Entscheidung gibt es einen entscheidenden Haken

Wie soll ein Unternehmen den Test kontrollieren, wenn dieser nicht herausgegeben wird, um auch zu schauen, ob alle Testbedingungen eingehalten wurden? Dadurch, dass die Prüfberichte nicht herausgegeben wurden und das Gericht auch keine Notwendigkeit sah, verlor das Unternehmen im ersten Schritt den Prozess im einstweiligen Rechtsschutz gegen die Stiftung Warentest.

  • Aktenzeichen & Beschluss: OLG Köln, Beschl. v. 09.03.2021, Az. 15 W 6/21

Nach dieser kleinen Schlappe vor Gericht reichte der Hersteller danach die Hauptsachklage beim Landgericht Frankfurt ein. Da bei einem Hauptsacheverfahren die §§ 422, 423 Zivilprozessordnung (ZPO) die Vorlagepflichten von Parteien enthält, wurde in einer mündlichen Verhandlung entschieden, dass die Stiftung Warentest die Prüfberichte vorlegen muss. Und dies geschah im Anschluss auch.

⚖️ Stiftung Warentest verurteilt und soll Millionen Schadensersatz zahlen

 

Hersteller findet schwerwiegende Fehler in den Tests

Nachdem sich der Hersteller die Prüfberichte anschauen und gegebenenfalls auch nachstellen konnte, wurde schnell der Fehler für die Tests und dem deutlich falschen Testergebnis gefunden. In dem Test wurde von dem belgischen Prüfinstitut die maßgebliche DIN-Norm EN 14604:2005 nicht eingehalten.

Genauer gesagt, wurde der Grenzkorridor für die Rauchentwicklung beim Testfeuer unterschritten. Daher kam es zu einer nicht ausreichender Rauchdichte, welche für den Rauchmelder nicht erkennbar gewesen war. Daher entschied dann auch die Pressekammer des Landgerichts Frankfurt, dass der Test „schlicht unvertretbar“ sei und das Testergebnis „mangelhaft“ auf einer falschen Tatsachengrundlage ausgesprochen wurde. Daher sei der Prüfbericht rechtswidrig. Ebenso wurde dadurch der Gewerbebetrieb von Pyrexx verletzt, was man im §§ 823 Abs. 1, 824 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nachlesen kann.

Stiftung Warentest gestand Fehler ein, Pyrexx klagte weiter

Nach diesem neuen Test nahm die Stiftung den Test öffentlich zurück und entschuldigte sich bei dem Unternehmen für diesen Fehler. Auch eine Teil-Anerkenntnis zwecks Unterlassungsansprüche gab es seitens des Gerichts.

Der Hersteller wollte aber die entgangenen Gewinne und auch durch den Schaden des Images die Stiftung auf Schadenersatz verklagen und hat dies auch in die Wege geleitet. Laut dem Hersteller sind nach Veröffentlichung des Berichts die Umsätze um ca. 30% zurückgegangen, da hier der Bericht anscheinend eine große Rolle bei der Kaufentscheidung von Kunden gespielt hatte.

Die Forderung von Pyrexx: 7,7 Millionen Euro Schadenersatz.

Normalerweise erfordert ein Schadensersatzanspruch ein Verschulden, was auch die Stiftung Warentest weiß. Deshalb wurde von der Stiftung genau dies vor Gericht argumentiert, bzw. erläutert, dass der Fehler nicht von der Stiftung entstanden ist, sondern durch das belgische Prüfinstitut.

⚖️ Stiftung Warentest verurteilt und soll Millionen Schadensersatz zahlen

Landgericht entschied für den Hersteller durch Verschulden

Durch eine Fiktionshaftung und dem Paragrafen § 31 BGB muss die Stiftung Warentest das Verschulden zurechnen und hafte daher auch mit einem Schadenersatz.

  • Urteil des Landgerichts Frankfurt: 13. März 2025 (Teilgrund- & Teilurteil, Az. 2-03 O 430/21)

Hier entschied das Gericht, dass die Veröffentlichung des Testberichts mit diesem Testurteil wirtschaftliche negative Auswirkung auf das Unternehmen mit sich gebracht hat. Ebenso ein Risikopotential für getestete Unternehmen sei entstanden. Anders als bei positiven Berichten mit Prüfsiegel, sieht es bei solchen Testergebnissen anders aus, sodass hier meistens mit Umsatzeinbußen zu rechnen sei. Ebenso eine gewisse Existenzgefährdung.

Die Stiftung Warentest ist selbstverständlich in Berufung gegangen und will die Klage abwenden. Dennoch ist dies die erste „erfolgreiche“ Klage gegen die Stiftung mit einer hohen Summer an Schadenersatz. Weiter können entsprechend folgen.

Was haltet ihr von dieser Klage und dem Schadenersatz? Gerechtfertigt oder nicht? Ist die Stiftung Warentest nun in Gefahr und wird irgendwann von der Bildfläche verschwinden, wenn weitere Klagen kommen sollten?