Als Selbstständiger oder Freiberufler kann man sich unter bestimmten Voraussetzungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) als freiwilliges Mitglied versichern lassen. Allerdings haben die Krankenkassen bisher die Beiträge derart festgelegt, dass es für den einen oder anderen Versicherten in ungünstigen Fällen zu horrenden Beträgen gekommen ist.
Ein neuer Gesetzesentwurf soll dies zukünftig verhindern. Lese hier, was sich für Dich als Selbständiger oder Freiberufler in der GKV ändert.
Wie die Beiträge für die Krankenkasse aktuell festgelegt werden
Die Krankenkassenbeiträge von freiwillig gesetzlich versicherten Selbständigen werden nach der „wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit“ bemessen. Diese Leistungsfähigkeit kann allerdings erst nachträglich durch den Steuerbescheid bewiesen werden. Zuerst müssen die Beiträge in „vorläufiger“ Höhe anhand des geschätztem Einkommens oder laut Steuerbescheid des Vorjahres entrichtet werden. Wird der Steuerbescheid fristgerecht nachgereicht, werden die Beiträge endgültig bestimmt und es kann zu Erstattungen oder Nachzahlungen kommen.
Seit 2018 gilt, dass der freiwillig versicherte Selbständige der Krankenkasse ihren Steuerbescheid immer innerhalb von drei Jahren vorlegen muss. Verpasst der Versicherte die Frist, kann die Krankenkasse den monatlichen Höchstbetrag von rund 1.000 Euro für die Kranken- und Pflegeversicherung ansetzen. Wird der Steuerbescheid erst nach Ablauf der dreijährigen Frist eingereicht, wird er von den Krankenkassen nicht mehr berücksichtigt. Andere Einkommensnachweise werden nicht akzeptiert.
Versicherte, die viel verdienen und nahe der Beitragsbemessungsgrenze liegen, zahlen nur wenige Euro mehr. Für sie ist die aktuelle Regelung also hinnehmbar.
Versicherte, die nur wenig verdienen und eigentlich nur den Mindestbeitrag bezahlen müssten, kommt die aktuelle Regelung allerdings teuer zu stehen, wenn der Steuerbescheid der GKV nicht rechtzeitig vorliegt. Denn dann wird der Höchstbeitrag festgelegt, auch wenn das Einkommen dafür viel zu niedrig ist. Können die horrenden Beiträge dann nicht bezahl werden, werden die Leistungen auf „ruhend“ umgestellt und der Versicherte muss für jeden Monat 1 Prozent Säumnisgebühr bezahlen. Ratenzahlungen werden von den Krankenkassen oft verweigert, vom Widerspruch wird von den Krankenkassen mit vorgeschobenen Gründen abgeraten, obwohl nur dadurch ein Gerichtsverfahren möglich wäre. Diese Regelung hat schon so manchen Selbständigen in den finanziellen Ruin getrieben. Hier will der Gesetzgeber nun eingreifen.
Was für Selbständige in der GKV neu beschlossen werden soll
Die gute Nachricht: Am 24. November 2023 sollen neue Regeln für Selbständige in der GKV im Bundesrat beschlossen werden.
Zum einen sind neue Regeln zur Abgabefrist des Steuerbescheids geplant. Demnach dürfen Krankenkassen nicht mehr den Höchstbetrag von Selbstständigen und Freiberuflern fordern, wenn das Finanzamt noch keinen Steuerbescheid ausgestellt hat.
Zudem sollen Selbstständige, die zu Unrecht Höchstbeiträge bezahlen mussten, ohne ein entsprechendes Einkommen zu haben, die Überzahlung zurückbekommen. Wird der Höchstbeitrag von rund 1.000 Euro pro Monat gefordert, weil der Steuerbescheid fehlt, muss der Versicherte zukünftig schriftlich über das Fehlen informiert werden und er hat dann 12 Monate Zeit, den Steuerbescheid vorzulegen und eine Neuberechnung zu beantragen.
Gut zu wissen: Die geplanten Gesetzesänderungen soll auch rückwirkend für die Jahre 2018 und 2019 gelten, sodass für diese Jahre Beiträge zurückgefordert werden können, wenn das Gesetz wirklich in Kraft treten sollte. Wer betroffen ist, sollte jetzt handeln.
Was tun, wenn das neue Gesetz in Kraft tritt?
Wer noch keinen Steuerbescheid für 2020 eingereicht hat, sollte ihn jetzt per Einschreiben an die Krankenkasse schicken. Dabei ist es wichtig, dass er vollständig ist! Den Eingang und die Vollständigkeit des Bescheids solltest Du Dir schriftlich bestätigen lassen. Dieser Tipp ist eine Vorsichtsmaßnahme, falls das Gesetz nicht oder erst 2024 verabschiedet wird!
Wer sich noch im Widerspruchsverfahren befindet, sollte den Widerspruch keinesfalls zurücknehmen, sondern auf die geplante Gesetzesänderung verweisen. Gleichzeitig kann um Aussetzung der Vollstreckungsmaßnahmen und der Ruhenden Leistungen gebeten werden. Wenn Du einen Widerspruchsbescheid erhältst, solltest Du die Frist einhalten und klagen. Gegebenenfalls kann argumentiert werden, dass das Aufforderungsschreiben zur Vorlage des Steuerbescheids nicht bei Dir angekommen ist. Um den Höchstbeitragsbescheid fordern zu dürfen, muss die Krankenkasse beweisen, dass sie Dich um die Vorlage des Einkommensnachweises gebeten hat. Da die Krankenkassen diese Aufforderungen in der Regel nicht per Einschreiben verschicken, ist der Nachweis nicht möglich. Hier kann der Widerspruch ansetzen.
Wer sich schon im Klagefahren befindet, sollte ebenfalls die Argumentation in Erwägung ziehen, dass das Aufforderungsschreiben zur Vorlage des Steuerbescheids gar nicht beim Betroffenen eingegangen ist.
Wer gepfändet werden soll, sollte einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht stellen. Das geht bei Dir am Wohnort. Beantrage am besten gleichzeitig, dass der Bescheid aufgehoben und das Ruhen der Leistungen beendet werden soll.
Wer schon gezahlt hat oder bei wem schon vollstreckt wurde, der sollte einen Überprüfungsantrag bei der Krankenkasse stellen. Aktuell wird er vermutlich nicht zum Erfolg führen, aber die Kasse hat Deinen Fall schon mal auf dem Schirm. Du kannst auch warten, bis das Gesetz in Kraft tritt und den Überprüfungsantrag dann erst stellen.
Wer schon einen Vergleich geschlossen hat, sollte einen Überprüfungsantrag bei der Krankenkasse, sobald das neue Gesetz in Kraft getreten ist.
Wer sich unsicher ist, wie er vorgehen sollte, kann sich von der Verbraucherzentrale oder von einem Anwalt beraten lassen. Angesichts der geplanten Gesetzesänderungen lohnt es sich auf jeden Fall, jetzt aktiv zu werden.
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