Habt ihr die Änderungen der AGBs in der neusten Broschüre eurer Bank gelesen, die ab und an im Briefkasten landet? Nein? Dann könnte euch dieser Artikel besonders interessieren. Denn neben vielen kleinen Änderungen, die keine großen Auswirkungen haben, gibt es diesmal doch eine relevante Neuerung: Ab dem 13. Januar 2018 tritt eine neue Richtlinie für Bankkunden in Kraft: Die sogenannte PSD2 Richtlinie. Ausgeschrieben bedeutet das „Payment Service Directive„. Es kommen nun einige Änderungen auf Verbraucher zu, die wir in diesem Beitrag genauer erklären. Im Großen und Ganzen geht es bei der PSD2 um das Selbstbestimmungsrecht von Bankkunden darüber, wer Zugriff auf ihre Daten erhält. Zuvor hatten Hausbanken an dieser Stelle ein Datenmonopol, das mit dem Inkrafttreten der neuen Richtlinie aufgelöst wird.
Was besagt die PSD2 Richtlinie?
Einfach gesagt bedeutet das Inkrafttreten der PSD2 Richtlinie, dass Hausbanken nicht mehr einzig und allein über die vertraulichen Daten ihrer Kunden verfügen dürfen. In Zukunft haben Drittanbieter nun dieselben Rechte. Grund für diese Änderung ist, dass Brüssel den Wettbewerb im europäischen Zahlungsverkehr fördern und verbessern möchte. Der Zahlungsverkehr soll sicherer, bequemer und billiger machen. Bisher haben Banken die Daten ihrer Kunden monopolistisch Nutzen können. So konnten Services wie Kredite, Baufinanzierungen und so weiter zielgruppengerecht und persönlich zugeschnitten präsentiert werden. Doch das hat mit der PSD2 Richtlinie nun ein Ende! Künftig müssen Banken auch Drittanbietern einen Einblick in diese vertraulichen Daten gewähren. Zu diesen Drittanbietern gehören beispielsweise Fintechs, also Finanz-Start-Ups, die beispielsweise Bankkunden dabei helfen, ihre Finanzen zu verwalten. Die Banken finden diese Richtlinie natürlich alles andere als fortschrittlich. Sie finden es unmöglich, dass Drittanbieter nun eine rechtliche Grundlage für den Zugriff auf die Infrastruktur der Banken bekommen. Des Weiteren sind Banken in Zukunft verpflichtet, eine kostenlose Schnittstelle zu Drittanbietern, beispielsweise durch eine App, einzurichten.
Was ändert sich durch die PSD2 Richtlinie für Verbraucher?
Die Erklärung der PSD2 Richtlinie klingt ja ziemlich theoretisch. Was bedeutet also diese Änderung jetzt konkret für uns als Verbraucher? Müssen wir in Zukunft vor Datenklau Angst haben und unser Geld lieber unters Kopfkissen legen? Wir zeigen Vor- und Nachteile der neuen Richtlinie für Verbraucher.
Unterstützung beim Banking
Vielleicht habt ihr beim Zahlungsprozess beim Online-Shopping auch immer öfter die Möglichkeit „Klarna Sofortüberweisung“ bemerkt. Dabei handelt es sich um eben einen solchen Drittanbieter, der den Umweg über die Hausbank umgeht und beim Überweisen hilft. Gefragt wird dabei nach den Log-In Daten für das Online-Banking bei der Hausbank. Sind diese korrekt eingegeben, wird der entsprechende Betrag direkt abgebucht, ohne dass man selbst eine Überweisung tätigen muss. Doch das ist nur eines von vielen Beispielen für Drittanbieter, die durch die PSD2 Richtlinie nun mehr Handlungsfreiheit bekommen. Ein weiteres Beispiel sind Fintechs, die es Kunden ermöglichen, mehrere ihrer Konten bei verschiedenen Banken auf einen Blick zu sehen und Geld direkt über die jeweilige App überweisen zu können. Manche Firmen bieten auch an, dass sie auf die Finanzen von Kunden achten und jeden Monat etwas Geld beiseite legen, dass vom Kunden nicht mehr ausgegeben werden kann, wenn dieser das wünscht.
Gut zu wissen: Ein weiterer Vorteil der PSD2 Richtlinie für Verbraucher bezieht sich auf ungewolltes Blockieren von Beträgen durch Firmen. Das passiert beispielsweise, wenn man ein Hotel oder einen Mietwagen reserviert. In Zukunft dürfen Firmen ohne Zustimmung des Kunden keine Beträge mehr blockieren.
Sicherheit
Drittanbieter sollen in Zukunft also vertrauliche Daten der Banken bekommen dürfen? Da kommt doch sofort der Datenschutzgedanke ins Spiel, oder? Das Gute dabei: Ohne die ausdrückliche Zustimmung der Kunden geht grundlegend gar nichts. Wenn ihr nicht euer Einverständnis für jeden Drittanbieter, der eure Daten möchte einzeln gebt, dann bekommen sie diese auch nicht über den gesetzlich geregelten Weg.
Kunden können sich auf Datensicherheit verlassen – Bankenverband
Die Weitergabe der Daten ist nicht nur anbieter- sondern auch zweckabhängig. Habt ihr einem Drittanbieter beispielsweise erlaubt, eure Daten anzufragen, damit ihr all eure Konten auf einen Blick sehen könnt, darf dieser ohne erneute Zustimmung keine Überweisungen tätigen. Des Weiteren ist das maschinelle Auslesen von Girokonten innerhalb der EU verboten.
Kartenmissbrauch
Ihr habt gar kein Interesse daran, Services von Drittfirmen in Anspruch zu nehmen? Auch dann bringt die PSD2 Richtlinie Änderungen, die euch betreffen könnten. Denn wenn ihr in Zukunft eure Bank- oder Kreditkarte verlieren solltet oder jemand eure Kennziffern ausspioniert und ihr durch diesen Missbrauch Geld verliert, müsst ihr nicht mehr so hoch haften. Bisher musste man in diesen Fällen selbst für bis zu 150 Euro haften, wenn der Betrag abgehoben wurde, bevor man die Karte oder das Konto selbst gesperrt hatte. Durch die PSD2 Richtlinie wird diese Haftungsgrenze auf 50 Euro gesenkt. Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt, der muss natürlich weiterhin unbeschränkt haften.
Betrug bei Online-Zahlungen
Weitere strengere Regeln sollen durch die PSD2 Regelung eingeführt werden, die den Betrug bei Online-Zahlungen schwerer machen. Das soll beispielsweise so funktionieren, dass es zukünftig nicht mehr reicht, beim Online-Banking Kontonummer und Nutzernamen zu kennen. Eine weitere SMS aufs Handy, die einen TAN enthält oder die Bestätigung mit einem Fingerabdruck sollen es Betrügern schwerer machen.
Sinkende Gebühren
Die Einen sagen, dass die Gebühren fürs Banking in Deutschland kaum sinken würden, weil die Gebühren beim Banking in Deutschland bereits vergleichsweise niedrig seien. Die Anderen behaupten, dass wir durch den angekurbelten Wettbewerb in der Finanzbranche mit besseren Konditionen rechnen können. Es wird sicherlich auch immer mehr Player auf dem Markt geben, denn die neue Richtlinie schafft Platz für mehr Angebote in verschiedenen Bereichen von verschiedenen Anbietern. Was genau passieren wird, bleibt abzuwarten.
Diskussion zum Thema Datenschutz nach PSD2
Was ist denn jetzt mit dem Thema Datenschutz? Grundlegend gilt auch hier das Prinzip, dass mehr Selbstbestimmung auch mehr Verantwortung mit sich bringt. In Zukunft können wir zwar als Verbraucher darüber entscheiden, welche Unternehmen einen Einblick in unsere Kontodaten erhalten, müssen aber gleichzeitig auf der Hut sein, wem wir diese Rechte gewähren. Denn natürlich ist die neue PSD2 Richtlinie an dieser Stelle ein gefundenes Fressen für Datensammler. Laut Angaben von Experten wird vermutet, dass Facebook, Amazon und Co. sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen werden auch Finanzservices anzubieten, um ihr Portfolio zu vervollständigen.
„Immer mehr Anbieter werden sich überlegen, wie sie die Transaktionsdaten nutzen können“ – Sven Korschinowski, Zahlungsexperte bei der Beratungsgesellschaft KPMG
Einer der größten Haken an der Umsetzung des PSD2 ist vermutlich, dass Drittanbieter die Möglichkeit haben, über Schnittstellen direkt auf Kontodaten der Verbraucher zugreifen zu können. Solch eine Schnittstelle ist beispielsweise einfaches Online-Banking über eine andere Firma als die Hausbank.
„Man muss darauf vertrauen, dass der Anbieter nichts tut, was er nicht darf.“ – Frank-Christian Pauli, Finanzexperte des Verbraucherzentrale Bundesverband
Somit wird das eigene Konto also durch die vermeintlich verbraucherfreundlich gestaltete Richtlinie eher zu einem offenen Buch.
Was sind die Vor- und Nachteile der PSD2 Richtlinie für Verbraucher?
Das sind die Vorteile und Nachteile der neuen PSD2 Richtlinie auf einen Blick:
Vor- und Nachteile der PSD2 Richtlinie | |
---|---|
Vorteile | Nachteile |
Mehr Selbstbestimmung über die Weitergabe von Kontodaten | Mehr Achtsamkeit notwendig |
Unterstützung beim Online-Banking | Direkter Zugriff auf Kontodaten von Drittanbietern |
Schnellerer Zahlungsverkehr möglich | Vertrauen an Drittanbieter notwendig |
Mehr Rechtssicherheit | – |
Verringerung der Haftungsgrenze bei Missbrauch | – |
Vermeintlich sinkende Gebühren | – |
Höherer Schutz vor Betrug und Missbrauch | – |
Fazit zur PSD2 Richtlinie – Top oder Flop?
Im Großen und Ganzen ergeben sich also einige Vorteile für Verbraucher durch die Einführung der PSD2 Richtlinie. Wer achtsam ist und genau darauf achtet, welchen Drittanbietern er Zugriff auf seine Kontodaten gewähren möchte, der ist auf der sicheren Seite. Vielleicht werden die Regelungen ja nach und nach auch noch angepasst, sodass Anbieter keinen Spielraum haben, um Schabernack mit vertraulichen Daten zu treiben.
„Trotz aller Bemühungen gibt es allerdings keine Garantie, denn den perfekten Schutzmechanismus gegen einen Hacker-Angriff gibt es leider nicht.“ – Sebastian Steger, Digitalisierungsexperte bei Roland Berger
Dementsprechend ist die PSD2 eine gute Richtlinie, bei der der Sicherheitsaspekt allerdings eine große Rolle spielt.
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