Für Patienten und für Apotheken könnte eine gerichtliche Entscheidung aus Luxemburg jetzt Folgen haben. Dort wurde die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel nämlich durch den Europäischen Gerichtshof gekippt. Die Begründung: Die Preisbindung verstößt gegen EU-Recht. Aber was genau hat das für Folgen – für Patienten und für Apotheker?
Was besagt die Preisbindung für Medikamente?
Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente und Arzneimittel hat zur Folge, dass jedes Medikament in jeder Apotheke den gleichen Preis hat. Für den Patienten spielt es somit keine Rolle, ob er sein Rezept in der Apotheke um die Ecke oder in einer fernen Stadt einlöst – die Kosten sind für ihn immer identisch. Laut Bundesgesundheitsministerium soll damit vermieden werden, dass Medikamente zu teuer werden und somit auch die Kassenbeiträge ansteigen. Dies wäre nämlich eine mögliche Folge von steigenden Kosten für Medikamente. Allerdings: Auch Versandapotheken aus der gesamten EU sind an diese Preise gebunden, wenn sie in Deutschland aktiv sind. Diese können bisher nur auf Bonussysteme zurückgreifen oder den Patienten beispielsweise die Zuzahlung erlassen. Anders wäre es kaum möglich, im harten Konkurrenzgeschäft zu bestehen.
Die Preisbindung soll aber auch für Patienten einen Vorteil bieten. Ihnen soll es erspart werden, dass sie im Falle von Krankheit und bei dringend notwendigen Medikamenten nicht erst noch umfangreich die Preise vergleichen müssen. Die Preisbindung sorgt dafür, dass bei allen Apotheken die Preise identisch sind, wenn es sich um verschreibungspflichtige Medikamente handelt.
Was genau wurde vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt?
Verhandelt wurde vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg nicht grundsätzlich die Preisbindung. Vielmehr ging es um ein Bonussystem, welches die Versandapotheke Doc Morris angeboten hatte. Dieses war für die Mitglieder der Deutschen Parkinson Vereinigung gedacht und lockte mit Rezeptboni sowie weiteren Rabatten auf Medikamente. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hatte dagegen geklagt.
Das Urteil des EuGH ist eindeutig. Demnach werden EU-Versandapotheken durch die deutsche Preisbindung für Arzneimittel benachteiligt und der Zugang zum deutschen Markt würde erschwert. Laut Aktenzeichen C-148/15 wird somit gegen geltendes EU-Recht verstoßen. Das Bundesgesundheitsministerium hat bereits auf dieses Urteil reagiert. Von dort hieß es, dass die Preisbindung nach diesem Urteil nicht mehr Versandapotheken aus dem EU-Ausland anwendbar sei.
Welche Folgen kann das Urteil mit sich bringen?
Für die weitere Preispolitik kann dieses Urteil ebenso Folgen haben. Inländische Apotheken könnten auf die Barrikaden gehen und fordern, dass die Preisbindung in Gänze gekippt wird. Nach dem aktuellen Urteil verhält es sich jetzt so, dass eher inländische Apotheken schlechter gestellt werden und es für EU-Apotheken einen klaren Vorteil gibt. Eine weitere Möglichkeit wäre es, den Verkauf von verschreibungspflichtigen Medikamenten per Versandhandel komplett zu untersagen. Dies dürfte allerdings kaum im Interesse des Europäischen Gerichtshofes sein.
Aber auch für Patienten kann sich etwas ändern. Das ist zwar nicht der Fall, wenn man Rezepte in der Apotheke vor Ort einlöst, wohl aber, wenn man diese im Internet einsetzt. Denn Online-Apotheken aus dem europäischen Ausland können jetzt mit Bonusangeboten und zusätzlichen Rabatten um die Kunden werben. Das könnte wiederum für Apotheken vor Ort zu Problemen führen. Es besteht das Risiko, dass diese dem wachsenden Druck nicht mehr standhalten können und demnach schließen. Somit wäre dann eine gesundheitliche Versorgung vor Ort nicht mehr überall zu gewährleisten. Es liegt also nun in der Verantwortung der Politik, an dieser Stelle schnell eine passende Lösung zu finden.
Was passiert, wenn die Preisbindung ganz gekippt wird?
Kippt die Preisbindung für zu verschreibende Medikamente komplett, kann das weitreichende Folgen haben. Einerseits könnten die Preise vor Ort dann sinken und die Patienten würden davon profitieren, andererseits wächst der ökonomische Druck auf die Apotheken. Kleine, alteingesessene Apotheken könnten dann kaum mehr geschäftsfähig arbeiten und müssten mitunter schließen oder würden von Apotheken-Ketten übernommen werden.
Insbesondere die medizinische Versorgung für die Patienten könnte darunter leiden. Die Medikamente können zwar online günstig bestellt werden oder in bestehenden Apotheken abgeholt, allerdings wäre eine schnelle Versorgung in Dörfern oder auf dem Land aufgrund geschlossener Apotheken eventuell nicht mehr gewährleistet. Vor allem bei sehr dringenden Medikamenten könnte dies zu Problemen führen.
Vorteile für Online-Apotheken
Durch das aktuelle Urteil des EuGH liegt der Vorteil nun zunächst klar bei den EU-Apotheken, die per Versand auch in Deutschland agieren. Diese können die Apotheken in Deutschland nun stark unter Druck setzen und durch Rabatte und Bonusangebote um die Gunst der Kunden buhlen. Die Apotheken in Deutschland hingegen sind – zumindest vorerst – weiterhin an die Preisbindung gebunden und können ihren Kunden keine Vorteile bieten.
Der größte Gewinner sind demnach vor allem die Patienten, die jetzt von sinkenden Preisen im Internet profitieren können. Beispielsweise kann man sich jetzt auch online seine Hausaptoheke bequem aufstocken. Insbesondere gilt das für Patienten, die Medikamente dauerhaft verwenden und diese immer wieder verschrieben bekommen. Das dringend benötigte Antibiotikum gegen Entzündungen hingegen wird man wohl auch weiterhin in der Apotheke vor Ort abholen wollen – hierfür sind die Versandzeiten derzeit noch zu lang, die zwischen dem Einsenden des Rezepts und dem Erhalt der Medikamente tatsächlich liegen. Hier haben die Apotheken vor Ort in Deutschland also zumindest noch einen kleinen Vorteil.
Wie geht es nun weiter?
Welche Entwicklung das Urteil nun zur Folge hat, ist derzeit noch nicht abzusehen. Eine Reaktion der Politik steht noch aus, sodass noch nicht zu sagen ist, welche Rechte in Zukunft auch deutschen Apotheken zugestanden werden. Wird die Preisbindung in Gänze gekippt, kann das ebenso positive und negative Folgen haben wie auch die Erhaltung der Preisbindung für deutsche Apotheken.
Laut Experten und Apothekern muss es hier zeitnah eine Lösung geben, die das Gesundheitsministerium zunächst erarbeiten muss. Diese muss sowohl für Apotheker passend sein, aber auch für Patienten eine Sicherheit bieten, im dringenden Fall auf notwendige Medikamente zeitnah zugreifen zu können.
Preisbindung widerspricht dem freien Warenverkehr
Schon im Juni hatte Generalanwalt Maciej Szpunar, der am Europäischen Gerichtshof als Gutachter tätig ist, argumentiert, dass die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente nicht mit den EU-Rechten vereinbar sei. Der freie Warenverkehr würde hierdurch verhindert und es bestehe ein Handelshemmnis für Medikamente aus anderen EU-Ländern.
Zudem sieht Szpunar die Chance, dass ein Ende der Preisbindung dafür sorgt, dass die Preise fallen. Dies wiederum sieht er als positiven Aspekt um die soziale Sicherung zu fördern. Welche Konsequenzen das Urteil nun tatsächlich hat, bleibt allerdings erst einmal abzuwarten.
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Apropos was ist daran das in ein und der selben Tablette der gleiche inhaltsstoff in Verschieden höher Dosierung zu verschiedenhohen Preisen angeboten wird. Ich meine um was geht es genau freie Medikamente ist das da nicht schon immer so gewesen. Ein Arzt hat mir gesagt ibu 800 möchte er nicht verschreiben nehmen Sie wie ich von verschiedener Seite gehört habe 2 400er da ist das gleiche drin, 400 und 600 frei 800 verschreibungspflichtig blödsinn. Ich meine auch schaut mal der Pharmaindustrie auf die Finger wichtige Medikamente die keinen Profit versprechen werden erfunden aber schlichtweg nicht fabriziert.
Nach ersten Bauchgefühl ein objektiver Beitrag zur aktuellen Lage der Diskussion.
Danke dafür.
@Merlin: Das ist ein Ratgeber und auch so gekennzeichnet, wenn dich das stört, dann klick ihn doch einfach nicht an. 😉
Wo ist ist hier der Deal?
„Laut Bundesgesundheitsministerium soll damit vermieden werden, dass Medikamente zu teuer werden und somit auch die Kassenbeiträge ansteigen.“
Schwachsinn !! dem Bundesgesundheitsminister sind die OnlineApotheken ein Dorn im Auge !! ich kaufe meine Arznei bei derOnline-Apotheke apo-rot in Hamburg um 50% günstiger als in der Apotheke ums Eck !! Die Kassenbeiträge steigen auch so jedes Jahr !! Wobei gesetzlich Versicherte ja noch nicht mal die Medikamente bekommen die manch Privatversicherter bekommt. Der Bundesgesundheitsminister sollte besser mal mit der Pharmalobby reden und auf die Finger klopfen was die bereits überhöhten Preise betrifft, aber das macht der ja auch nicht… es könnte sich ja um einen zukünftigen Job bringen !!
Danke slarti für deine Ausführung!
Wir kommen den Sozialismus immer näher…
Liebe Meindealer,
hierzu muss ich ein wenig etwas schreiben. Ich bin Prof an einer Uni und habe mit dem Zeug zu tun. Und Nein, ich werde nicht von der Pharmalobby bezahlt und bekomme auch keine sonstigen Zuwendungen von denen.
Die Preisbindung nutzt vor allem den Apotheken, das ist klar. Weniger klar ist, dass die Patienten ebenfalls davon provitieren. Ich spreche nicht unbedingt von der Beratung, sondern davon, dass wichtige Medikamente auch in schwachen Wirtschaftsregionen vorgehalten werden. Und davon, dass die Apotheke dafür garantiert, dass das drin ist, was draufsteht.
Wenn die Preisbindung fällt, fallen auch viele Apotheken. Was das bedeutet, kann man in Großbritannien und den USA ganz gut sehen: Versucht mal, dort ein Omeprazol für den Magen zu bekommen. Die „Apotheken“ sind selten, sehen aus wie Supermärkte und haben nichts als Schrott im Angebot. In meinem Fall musste ich fünf Kapseln schlucken, um auf die gleiche Dosis zu kommen wie hier in Deutschland. Aber welcher Patient weiss das schon? Da hilft es auch nichts, wenn das Medikament nur ein Drittel kostet.
Nein, die Preisbindung hat nicht nur Vorteile. Und ja, in D sind viele Arzneimittel zu teuer. Aber ein einfaches Streichen der Preisbindung nutzt nur wenigen Gesunden und fügt Älteren und Kranken viel Schaden zu.
Denkt bitte daran!
Würden die Leute nicht für jedes kleine Wehwechen gleich einen Chemiebonbon schlucken, gäbe es doch das Problem gar nicht. Doch Nahrungsergänzungsmittel und ähnlich unnötiges Zeugs verkauft sich anscheinend wie geschnitten Brot und in großen Städten stelle ich mir immer wieder die Frage, wie so viele Apotheken überleben können. Sei es drum, wenn die Masse glaubt sich damit etwas gutes zu tun, sollen sie eben auch den Preis dafür bezahlen.
Vielleicht sollte man einfach eine Preisbindung für „richtige“ Medikamente belassen (eben für die Leute, die sie zum Überleben benötigen) und an den „Lifestyle-Tabletten“ darf die Marktwirtschaft sich gerne austoben. Letztendlich ist es auch egal was wir wollen und hier schreiben, die EU wird die Marktwirtschaft durchsetzen, dafür bekommen wir auch einen vereinfachten Markteintritt in ander europäische Märkte …