Tipp: Unbekannte Kulanzregelung der Deutschen Bahn bei Verspätungen

Seid ihr oft in der Bahn unterwegs? Dann kennt ihr bestimmt die Verspätungen und Ausfälle. Zumindest in meiner Region (Rhein-Main) sind Ausfälle und Verspätungen an der Tagesordnung, aber wenn man Mario Barth Glauben schenken darf sind ja Leute bereits beim Warten auf den Zug in Berlin verhungert.

Das Problem der Bahnverspätung ist also wohl überregional. Eine Regelung, von der die wenigstens allerdings etwas wissen dürften, kann durchaus Abhilfe schaffen, wenn man wieder einmal am Bahngleis steht und der Zug nicht kommt. Um genau diese „unbekannte“ Kulanzregelung der Deutschen Bahn bei Verspätungen soll es hier gehen.

Zugbindung endet bei einer Verspätung von 20 Minuten

Ihr kennt sie vermutlich: Die Zugbindung. Konkret bedeutet diese: Wenn ihr kein Flex-Ticket der Bahn besitzt, müsst ihr den aufgedruckten Zug auf eurem Ticket nehmen. Das betrifft vor allem die höherklassigen Züge wie ICE und IC, aber auch Zugtickets, die ihr am Automaten zieht, sind für die nächstmögliche Verbindung gültig (sofern ihr kein Deutschland- oder Tagesticket gezogen habt).

Tipp: Unbekannte Kulanzregelung der Deutschen Bahn bei Verspätungen

Nun habt ihr also kein Flex-Ticket der Bahn. Als Sparfüchse habt ihr das Ticket von Frankfurt nach Berlin natürlich im Supersparpreis für 19,90€ gekauft und sitzt am Frankfurter Hauptbahnhof fest, da der Zug nicht ankommt.

Nun gibt es den Weg zum Service-Schalter der Deutschen Bahn und den Weg zum nächsten Gleis. Denn ab einer Verspätung von mindestens 20 Minuten (wohlgemerkt Ankunftszeit am Zielort) endet die Zugbindung und ihr könnt jeden Zug der deutschen Bahn nehmen, sofern der Zielbahnhof der gleiche ist. Die Route ist hierbei unwichtig.

Konkret lautet die Formulierung:

Wenn zu erwarten ist, dass Sie Ihren Zielbahnhof (laut Fahrkarte) mit einer Verspätung von mindestens 20 Minuten erreichen, können Sie Ihre Fahrt bei nächster Gelegenheit oder zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen. Dabei müssen Sie nicht zwingend die gleiche Route nehmen wie ursprünglich geplant, lediglich der Zielbahnhof muss übereinstimmen. Sie können auch andere, nicht reservierungspflichtige Züge nutzen. Haben Sie ein Ticket mit Zugbindung, ist diese aufgehoben. Dafür benötigen Sie keine gesonderte Bestätigung des Zugbegleiters.

Um sicher zu gehen, dass auch wirklich zu erwarten ist, dass eure Verspätung am Zielort 20 Minuten oder mehr beträgt, bietet sich ein Blick in die Bahn-App an. Überprüft dort schnell eure Verbindung und wenn ihr wirklich zu spät ankommen würdet, hüpft ihr einfach in den nächstbesten Zug.

Notwendigkeit von Nachweisen

Ein Nachweis, dass euer Zug zu spät am Zielort ankommen würde, ist glücklicherweise auch nicht nötig. Erklärt bei einer Kontrolle einfach, dass euer Zug verspätet war. Das kann direkt geprüft werden, der Bahnmitarbeiter nickt das ab und ihr könnt gemütlich weiterfahren.

Ich erinnere mich noch an eine Fahrt von Paris nach Frankfurt, in der unser Zug überraschend in einer Stadt endete. Wir tingelten noch zum Service-Schalter und baten dort um Aufhebung der Zugbindung. Heute weiß ich nicht sicher, ob das damals überhaupt nötig war oder ob es sich nur um ein überliefertes Gerücht meiner Eltern handelte.

Jedenfalls ist der Wegfall solcher Nachweise eine große Erleichterung.

Vergesst die Entschädigung nicht

Vergesst nach all der Lobpreisung jedoch eines nicht. Bei einer drastischen Verspätung steht euch gemäß der EU-Verordnung der Fahrgastrechte eine Entschädigung zu. Diese EU-Verordnung der Fahrgastrechte ist von der Deutschen Bahn für Verspätungen mit Bahnfahrten noch einmal konkretisiert auf der Website der Deutschen Bahn zu finden.

Hier heißt es:

Bei einer zu erwartenden Verspätung von mehr als 60 Minuten am Zielbahnhof haben Sie mehrere Möglichkeiten die Reise abzubrechen oder davon zurückzutreten:

  • Sie können die Reise nicht antreten und sich den Fahrkartenpreis erstatten lassen.
  • Sie können die Reise abbrechen und sich den Anteil des Fahrkartenpreises für die nicht genutzte Strecke erstatten lassen.
  • Sie können die Reise abbrechen, wenn sie sinnlos geworden ist, zum Ausgangsbahnhof zurückkehren und sich den Fahrkartenpreis erstatten lassen. Die Erstattung erfolgt dann beim Servicecenter Fahrgastrechte.

Bei der Suche nach einer Alternativ-Verbindung hilft Ihnen unterwegs die App DB Navigator.

Ab 60 Minuten Verspätung an dem auf Ihrer Fahrkarte genannten Zielbahnhof, erhalten Sie eine Entschädigung von 25% des Fahrkartenpreises. Ab 120 Minuten Verspätung sind es 50%. Bitte füllen Sie dazu das Fahrgastrechte-Formular aus. Dieses erhalten Sie beim Personal im Zug, an der DB Information, im DB Reisezentrum oder online.

Es gilt also unabhängig von der Aufhebung der Zugbindung ab einer zu erwartenden Verspätung von mehr als 60 Minuten am Zielbahnhof auch noch, dass man einen Teil des Fahrkartenpreises oder sogar die ganze Ticketsumme zurückerstatten lassen kann.

Dass ein ausgefallener Ausflug einem natürlich den Tag vermiest und der Verlust des Ticketpreises nicht gleichzusetzen ist mit einem schönen Tag, ist noch einmal eine ganz andere Sache.

Fazit

Die EU-Verordnung der Fahrgastrechte liefert eine große Erleichterung bei Verspätungen von Zügen oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln. Unabhängig davon sollte man als Fahrgast auf seine Rechte setzen und diese geltend machen. Und das beginnt bereits mit kleinen Schritten, indem ihr einfach nur einen anderen Zug zum Zielbahnhof nehmt.

Ich hoffe, dieser Einblick in eure Rechte als Fahrgast hat euch geholfen. Greift gerne darauf zurück, wenn ihr mal wieder eine Zug-Verspätung erleben müsst und nicht wisst, wie ihr nun zum Zielbahnhof kommt.

Quelle:
Bahn.de – Was tun, wenn es mal schief läuft
Verordnung (EU) 2021/782 des europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr