Bausparverträge sind seit vielen Jahren ein beliebtes Mittel um langfristig Geld zu sparen. Sei es nun, um damit tatsächlich ein Bauvorhaben umzusetzen oder auch einfach, um Geld für eine andere größere Anschaffung anzusparen. Viele Bausparverträge in Deutschland laufen dabei schon viele Jahre – und wurden zu Zeiten abgeschlossen, in denen Banken noch deutlich höhere Zinsen gezahlt haben. Diese Verträge sorgen bei Banken und Versicherungen inzwischen für Kopfzerbrechen und erste Anbieter haben damit angefangen, derartige Altverträge zu kündigen. Viele Kunden wollten das so nicht akzeptieren und haben sich entsprechend dagegen gewehrt. Inzwischen gibt es allerdings auch ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Und dieses Urteil besagt: Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Bausparkassen alte Bausparverträge durchaus kündigen.
Wer als Bausparer nun aber eine Kündigung erhält, muss diese nicht zwingend sofort hinnehmen. Laut BGH-Urteil sind die Kündigungen nämlich nur in einigen Fällen möglich. Somit lohnt es sich für Bausparer durchaus, die Kündigung genau zu prüfen und gegebenenfalls Widerspruch einzulegen. Inzwischen erhält man für neu abgeschlossene Bausparverträge nur noch recht geringe Zinsen und diese sind mit denen von vor einigen Jahren kaum noch zu vergleichen. Für die Bausparkassen ist das ein Grund genug, sich von den alten Verträgen zu befreien und auf diese Weise die Kosten zu senken. Als Bausparer hingegen möchte man möglichst langfristig von den hohen und damit attraktiven Zinsen profitieren.
Warum dürfen Bausparkassen die Bausparverträge jetzt kündigen?
Viele Bausparer, die von hohen Zinsen profitieren können, sind dazu übergegangen, sich dies Zinsen auch über einen langen Zeitraum zu sichern. Das geschieht vielfach dadurch, dass auch zuteilungsreife Bausparverträge nicht in Anspruch genommen werden, sodass die Zinsen das dort angesparte Kapital immer weiter erhöhen. Vor allem bei hohen Zinsen, wie es sie noch vor einigen Jahren gab, kann sich das in jedem Fall lohnen. Zumindest für den Bausparer. Die Bausparkassen sehen dieses Szenario verständlicherweise aus einer ganz anderen Perspektive.
Sie müssen durch die hohen Zinsen mehr Geld ausschütten – aus diesem Grund haben einige Bausparkassen vor einiger Zeit damit begonnen, die Altverträge ihrer Kunden zu kündigen. Aus Sicht der Anbieter auch durchaus berechtigt. Hiergegen haben sich viele Bausparer zur Wehr gesetzt. Sie wollten weiterhin von den attraktiven Zinsen profitieren und dementsprechend dafür sorgen, dass die eigenen Bausparverträge wie gehabt weiterlaufen. Letzten Endes hat der Bundesgerichtshof sich der Sache annehmen müssen und ein entsprechendes Urteil gefällt.
Das Urteil vom BGH:
Bausparverträge dürfen durch die Bausparkassen gekündigt werden, wenn diese seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind. Das gilt auch, wenn diese Bausparverträge noch nicht voll bespart wurden.
- BGH, Urt. v. 21.02.2017, Az. XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16
Wen betrifft das Urteil des Bundesgerichtshofs?
Bisher haben die Bausparkassen bundesweit rund 260.000 Bausparverträge gekündigt, bei denen die Kündigung laut BGH-Urteil auch rechtmäßig gewesen ist. Wie erwähnt gilt dieses Recht zur Kündigung aber nur für zuteilungsreife Bausparverträge, die seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif sind. Andere Verträge bleiben hiervon unberührt. Somit können nachfolgende Bausparverträge nach aktuellem Stand nicht durch die Bausparkassen gekündigt werden:
- Verträge, die noch nicht zuteilungsreif sind und noch bespart werden
- Verträge, die noch keine zehn Jahre zuteilungsreif sind
In zahlreichen Fällen dürften es die Bausparkassen nun aber trotzdem versuchen, ihren Kunden ältere Verträge zu kündigen und dabei darauf hoffen, dass die Kunden über den genauen Inhalt des BGH-Urteils nicht informiert sind. Gerade deshalb sollten Bausparer sehr aufmerksam sein, wenn sie eine Kündigung durch die Bausparkasse erhalten. In einigen Fällen dürften die Kündigungen gar nicht rechtmäßig sein, sodass man durchaus die Chance hat, diese anfechten zu können. Ein Beispiel zeigt aktuell die Aachener Bausparkasse, die versucht, auch Altverträge zu kündigen, die noch keine zehn Jahre zur Zuteilung bereit sind. Das BGH-Urteil bezieht sich allerdings ganz deutlich nicht auf solche Bausparverträge.
Vorschnelle Reaktionen sollte man vermeiden
Erhält man als Bausparer aktuell eine Kündigung eines länger laufenden Bausparvertrags, sollte man die Kündigung nicht einfach so hinnehmen. Allerdings sollte man auch nicht vorschnell reagieren. Zunächst sollte man Ruhe bewahren. Unter Umständen kann es dann auch sinnvoll sein, einen Juristen zu befragen oder die Angelegenheit direkt ganz den eigenen Anwalt klären zu lassen. Wer sich unsicher ist, ob die Kündigung des Bausparvertrags rechtens ist, sollte dies auf jeden Fall überprüfen lassen. Anhand der Vertragsdaten kann man das auch selber erledigen. Liegt das Zuteilungsdatum beispielsweise noch keine zehn Jahre zurück und wird der Vertrag weiterhin bespart, kann die Kündigung entsprechend des BGH-Urteils nicht rechtmäßig sein.
Kommt heraus, dass die Kündigung durch die Bausparkasse nicht gerechtfertigt ist, kann man dies gerichtlich feststellen lassen. Die Kündigung ist dann unwirksam und der Bausparvertrag läuft entsprechend weiter. Ein Schlupfloch gibt es für die Bausparkassen in diesem Fall nicht.
Wie viele Bausparverträge könnten noch rechtmäßig gekündigt werden?
Wie viele Bausparverträge durch das BGH-Urteil noch „auf der Kippe“ stehen und von den Bausparkassen gekündigt werden können, lässt sich kaum feststellen. Von den insgesamt rund 30 Millionen Bausparverträgen, die in Deutschland aktuell noch laufen, dürfte es aber eine Menge sein. Kein Wunder also, dass die Bausparkassen derzeit Verträge in Massen kündigen – und dabei eventuell auch hoffen, noch nicht kündigungsfähige Bausparverträge unproblematisch loszuwerden. Beim Bundesgerichtshof laufen zur Zeit noch rund 100 Verfahren, in denen es um Kündigungen von Bausparverträgen geht. Noch ist dieses Thema also nicht ausgestanden.
Worauf stützt sich das Urteil des BGH?
Das Urteil des Bundesgerichtshofes stützt sich auf gültige Gesetze in Deutschland. Demnach wird ein Bausparvertrag als Darlehen gesehen und dieses kann nach zehn Jahren gekündigt werden. In der Zeit des Sparens erhalten die Bausparkassen Geld vom Sparer – und werden somit als Darlehensnehmer verstanden. Erst mit Ende der Sparzeit – also mit der Zuteilungsreife – wechselt sich diese Ansicht um und der Bausparer ist nun der Darlehensnehmer. Zehn Jahre lang muss sich das eine Bausparkasse maximal gefallen lassen, ehe sie einen Bausparvertrag somit kündigen kann.
Die klagenden Bausparer sahen das anders und versuchten damit zu argumentieren, dass die zehnjährige Frist erst mit Ende der gesamten Sparzeit, nicht aber mit der Zuteilungsreife beginnen würde. Demnach könnten die Bausparverträge auch noch deutlich länger Bestand haben. Der BGH sah dies anders und stimmte den Bausparkassen zu. Verbraucherschützer sehen das Urteil allerdings kritisch – und das auch aus einem durchaus guten Grund.
Kritik kommt von Verbraucherschützern
Zahlreiche Bausparkassen hatten immer wieder damit geworben, dass man als Bausparer gar kein Darlehen aufnehmen müsse. Der Bausparvertrag könne somit auch als Vermögensanlage genutzt werden. Eine Aussage, die nun nichtig zu sein scheint. Seitens der Verbraucherzentrale in Baden-Württemberg zeigte man sich enttäuscht. Ein Sprecher teilte mit, dass das Vertrauen in die Vertragsgeltung durch das BGH-Urteil erschüttert wurde.
Manche Bausparkassen bieten Anpassungen an
Statt direkt die Verträge zu kündigen, versuchen es manche Bausparkassen auf anderem Weg. So bieten sie Kunden an, ältere Bausparverträge bei den Konditionen anzupassen und so beispielsweise zu einem geringeren Zinssatz die Verträge weiterlaufen zu lassen. Akzeptieren muss man das als Kunde nicht. Ebenso wenig müsse man plötzlich eingeführte Gebühren für die Kontoverwaltung hinnehmen, wie es sie beispielsweise bei der Debeka seit diesem Jahr gibt. Zwölf oder auch 24 Euro fallen dort seit Anfang des Jahres an.
Kunden, die neuerdings solche Gebühren zahlen sollen, können dagegen allerdings Widerspruch einlegen. Dies ist allerdings nur binnen zwei Monaten nach Erhalt des entsprechenden Schreibens möglich. Anschließend gilt eine stillschweigende Zustimmung. In vielen Fällen kann es also sein, dass die Frist zum Widerspruch bereits verstrichen ist. Neben der Debeka gibt es auch noch andere Anbieter, die seit Neuestem für Altverträge entsprechende Gebühren in Rechnung stellen.
Lohnt sich ein Bausparvertrag heute noch?
Heute noch einen Bausparvertrag abzuschließen, kann sich lohnen. Allerdings sollte man dabei als Sparer bedenken, dass die Zinsen inzwischen auf einem sehr geringen Niveau liegen und die lukrativste Zeit tatsächlich vorbei ist. Um für ein Bau- oder Kaufvorhaben zu sparen, bietet ein Bausparvertrag aber nach wie vor ein gewisses Potential. Meistens ist es heute aber tatsächlich so, dass die Bausparverträge mit der Zuteilungsreife auch in Anspruch genommen werden sollten. Sie längerfristig als Sparmöglichkeit zu nutzen, bietet sich vielfach nicht mehr an. Ganz allgemein kann die Investition in einen Bausparvertrag aber dennoch lukrativ sein – nicht zuletzt aufgrund der Wohnungsbauprämie.
Fazit: Kündigungen durch Bausparkassen sollte man nicht einfach so akzeptieren
Auch wenn die Bausparkassen durch das vom Bundesgerichtshof gesprochene Urteil inzwischen dazu berechtigt sind, zahlreiche alte Bausparverträge zu kündigen, muss dies noch lange nicht für jeden Vertrag gelten. Vielmehr bezieht sich das Urteil nur auf die Bausparverträge, die schon seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif sind und noch nicht abgerufen wurden. In diesen Fällen ist eine Kündigung also wirklich rechtens und muss vom Bausparer akzeptiert werden. Ist die Zuteilungsreife hingegen noch keine zehn Jahre aktiv, kann der Bausparvertrag durch die Bausparkasse auch nicht gekündigt werden.
Versucht die Bausparkasse dies dennoch, sollte die Kündigung überprüft werden. In vielen Fällen stehen die Chancen gut, dass der Vertrag noch bestehen bleiben kann und die Kündigung somit unwirksam ist. Im Zweifelsfall sollte man hier einen Anwalt hinzuziehen, der die Sachlage ganz genau prüfen kann. Auch mit zusätzlichen Gebühren, die für ältere Bausparverträge auf einmal erhoben werden, muss man nicht leben. Innerhalb von zwei Monaten kann man hier Widerspruch einlegen.
Wurde der Bausparvertrag über viele Jahre angespart und seit mehr als zehn Jahren trotz Zuteilungsreife nicht beansprucht, ist die Kündigung durch die Bausparkasse allerdings rechtens und kann entsprechend tatsächlich durchgesetzt werden.
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Es kann sinnvoll sein einen Anwalt hinzu zu ziehen? Das dürfte sich aber so gut wie nie rechnen.
Da muss aber dann schon entsprechendes Guthaben und ein guter Zins vorliegen, damit sich die Kosten für den Anwalt amortisieren.
Ps: ich halte Bausparen auch in einem anderen Beispiel für sehr sinnvoll:
Wenn ich erst in ein paar Jahren bauen möchte, sichere ich mir schon heute den Darlehenszins für meine Baufinanzierung. Wenn die Zinsen für Kredite steigen, nutze ich den Bausparvertrag, sinken die Zinsen (was ja kaum noch geht), nehme ich nur das Guthaben aus dem Vertrag und finanziere über meine Hausbank.
Optimal also zur Zinssicherung.
Die Frage ist wie geht man gegen diese Willkür ohne Rechtsschutz und Anwalt vor. Auch mir wurde Von der Aachener gekündigt obwohl mein Vertrag erst seit ca 7 Jahren zuteilungsreif ist
Danke für die Info ! Gut zu wissen