Wahrscheinlich kennt Ihr das: der Koffer ist gepackt, Ihr seid dank des Taxis rechtzeitig am Flughafen und freut Euch auf den Urlaub bzw. müsst zu einem wichtigen Termin. Doch dann verzögert sich der Check-In, weil der Flieger nicht bereitsteht. Die Kinder fangen an, sich zu beklagen, oder man wird selbst unruhig, weil man den wichtigen Termin nicht verpassen will. Das ist natürlich ärgerlich und kann überdies auch zu Mehrkosten führen.

Deshalb gibt es Fluggastrechte bei einer Verspätung. Diese sind festgehalten in der Fluggastrechteverordnung der EU und sichern den Passagieren Gegen-, Ausgleichs- oder Unterstützungsleistungen zu. Wie die Leistungen aussehen und wann Ihr Anspruch darauf habt, erfahrt Ihr in diesem Ratgeber zur Entschädigung bei Flugverspätung.

Ratgeber: Entschädigung bei Flugverspätung – wann Ihr eine Entschädigung bekommt und wie hoch diese ausfällt
Nicht ungewöhnlich, aber ärgerlich: Verspätungen gehören auch bei Reisen mit dem Flugzeug zum Alltag. Bildquelle: Aleksandr Kurganov – 167052863 / Shutterstock.com

Wieviel Geld steht mir bei einer Verspätung zu?

Ab einer Verspätung von drei Stunden können folgende Ausgleichszahlungen geltend gemacht werden, wenn keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen:

  • 250 € bei einer Flugdistanz bis zu 1500 km
  • 400 € bei einer Flugdistanz von mehr als 1500 km bis 3500 km
  • 600 € bei einer Flugdistanz über 3500 km

Welche Zeitspanne muss eine Verzögerung aufweisen?

Als Verspätung im Sinne der Fluggastrechteverordnung der EU, die gesetzliche Mindestleistungen nach sich ziehen, gelten folgende Verzögerungen in Bezug auf die Flugdistanz:

Flugdistanz Verzögerungsdauer
Weniger als 1500 km 2 Stunden oder mehr
Zwischen 1500 km und 3500 km 3 Stunden oder mehr
Mehr als 3500 km 4 Stunden oder mehr

Was steht mir bei einer Flugverspätung zu?

  • Ausgleichszahlungen

Bei einer Verspätung, die die Ankunftszeit um drei Stunden oder mehr verzögert, sind oben genannte Zahlungen seitens der Fluggesellschaft an den Passagier zu leisten.

  • Betreuungsleistungen

Bei einer Verspätung sind den Passagieren am Flughafen folgende Services anzubieten:

  1. Mahlzeiten und Getränke in angemessenem Umfang
  2. Unterbringung in einem Hotel mit entsprechender Beförderung
  3. Unentgeltliche Kommunikation per Telefon oder E-Mail
  • Ticketerstattung

Beträgt die Verspätung mehr als fünf Stunden, muss dem Passagier eine vollständige Erstattung der Ticketkosten angeboten werden.

  • Informationspflicht

Die Fluggesellschaft ist verpflichtet, die Passagiere im Falle einer Verspätung über ihre Fluggastrechte zu informieren.

Was muss ich zum Zeitpunkt der Flugverspätung tun?

Geht die Flugverspätung über ein normales Maß hinaus, sollte man versuchen, den Grund der Verspätung in Erfahrung zu bringen. Um im Nachhinein auf der sicheren Seite zu sein, lässt man sich den Verspätungsgrund vom Luftfahrtunternehmen bestätigen, am besten schriftlich. Daneben könnt Ihr für aussagekräftige Beweise sorgen.

Dies bewerkstelligt Ihr am besten in Form von Fotos und Dokumenten. Wichtig sind offenkundig das Flugticket oder andere Belege für durch die Verspätung entstandene Kosten. Beispielsweise Quittungen über Verpflegung, Hotelkosten oder die Taxinutzung. Darüber hinaus könnt Ihr eventuell Namen und Telefonnummern anderer Mitreisender austauschen, um im Zweifelsfall auf Zeugen und ebenfalls Geschädigte zurückgreifen zu können.

Des Weiteren solltet Ihr unbedingt die Betreuungsleistungen in Anspruch nehmen. Schlimm genug, dass man schon länger als gewollt am Flughafen ausharren muss. Dann sollte man sich nicht auch noch den teuren Proviant in den dort ansässigen Geschäften leisten müssen oder gar gänzlich auf die Nahrungsaufnahme verzichten.

Die Fluggastrechteverordnung der EU

Ratgeber: Entschädigung bei Flugverspätung – wann Ihr eine Entschädigung bekommt und wie hoch diese ausfällt
Aufgebrachte Fluggäste können dank der EU-Gesetze ihre Entschädigungen einfordern. Bildquelle: Monkey Business Images – 322320977 / Shutterstock.com

Die EU hat in ihrer Verordnung (EG) Nr. 261/2004 eine Regelung geschaffen, die die Rechte von Fluggästen im Falle einer Nichtbeförderung, eines gestrichenen Fluges sowie einer längeren Verspätung festlegt. Aufgrund der Tatsache, dass diese Umstände für die Passagiere ein Ärgernis darstellen und große Unannehmlichkeiten verursachen, sind die Rechte der Verbraucher durch das Gesetz besser geschützt und die Fluggesellschaften müssen für die durch sie entstandene Verspätungen entsprechende Ausgleichsleistungen schaffen. Daher sind folgende Punkte in der Verordnung festgelegt:

  • Rechte von Passagieren gegenüber der zuständigen Fluggesellschaft bei Nichtbeförderung gegen ihren Willen, bei Streichung von Flügen und der Verspätung von Flügen.
  • Anwendungsbereich des Gesetzes bzw. für welche Flüge das Gesetz gilt.
  • Wann die Fluggäste Entschädigungen erhalten.
  • In welchem Mindestumfang die Entschädigungen zu leisten sind.
  • In welchen Fällen die Airline keine Ausgleichszahlungen leisten muss.
  • Wann Passagiere bei einem Flugausfall oder Verspätungen Rechte auf Umbuchung oder eine Rückerstattung haben.
  • Wie im Falle eine Höher- oder Herabstufung in andere Klassen zu verfahren ist.
  • Welche Verpflichtungen zur Informationen zu den Fluggastrechten die Airline bereitstellen muss.

Welche Rechte erfahren Passagiere durch die Fluggastrechteverordnung?

Die monetäre Gegenleistung steht Passagieren zu, die aufgrund einer Verspätung drei Stunden später als nach Flugplan angedacht an ihrem Zielflughafen ankommen. Auch wenn die benötigten drei Stunden für eine Ausgleichszahlung noch nicht erreicht sind, stehen den Passagieren auch bei kürzeren Verspätungen Unterstützungsleistungen zu.

Diese Unterstützung erstreckt sich über Betreuungsleistungen, die den Fluggästen von der Fluggesellschaft unentgeltlich angeboten werden müssen. So habt Ihr als Passagiere das Recht auf Verpflegung in Form von Essen und Trinken. Je länger die Wartezeit beträgt, desto mehr Verpflegung muss das Luftfahrtunternehmen natürlich bereitstellen. Allein vom Smartphone in der Hand kann man nicht überleben.

Zusätzlich muss den Passagieren die Möglichkeit gegeben werden, mindestens zwei Telefongespräche zu führen oder zwei Emails zu versenden. Zwei Telexe oder Telefaxe müssen laut Gesetz zwar auch ermöglicht werden, diese Gegebenheit ist in der heutigen Zeit allerdings obsolet.

Ist aufgrund einer massiven Verspätung ein Aufenthalt über Nacht oder gar über mehrere Tage notwendig, muss dem Fluggast die Unterbringung in einem Hotel gestellt werden. Die Airline ist ebenfalls verpflichtet, für die Beförderung der Gäste zur Unterkunft und zurück aufzukommen.

Was bedeutet „außergewöhnliche Umstände“ in Bezug auf Entschädigung?

Liegt die Verantwortung für die Verspätung oder Annullierung des Fluges nicht bei dem Luftfahrtunternehmen, ist es nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen an die Passagiere zu leisten. Würden alle zumutbaren Maßnahmen seitens des Luftfahrtunternehmens keine weiteren (positiven) Effekte auf die Abflugzeit haben, liegen außergewöhnliche Umstände vor.

Beispiele für außergewöhnliche Umstände sind

  • extreme Wetterbedingungen,
  • Sicherheitsrisiken,
  • Streiks oder
  • politische Instabilität an den Zielorten.

Mängel durch unzureichende Wartung gehören aber nicht dazu, da die Fluggesellschaften zu einer regelmäßigen Wartung verpflichtet sind. Auch technische Mängel, die trotz regelmäßiger Wartung zu einer Verspätung führen, fallen nicht unter die außergewöhnlichen Umstände. Bestehen Zweifel an der Außergewöhnlichkeit der Umstände, ist die Fluggesellschaft dazu angehalten, nachzuweisen, dass sie diese nicht zu verantworten hatte.

Wann sollte ich mich an das Luftfahrt-Bundesamt wenden?

Die Anzahl der Beschwerden von Passagieren über Fluggesellschaften, die beim Luftfahrt-Bundesamt eingehen, hat sich in den letzten Jahren auf etwa 3000 eingependelt. Die Dunkelziffer unzufriedener Passagiere dürfte allerdings noch höher sein, da das Luftfahrt-Bundesamt nicht für die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche zuständig ist. Diese Ansprüche sind nur persönlich oder mittels Rechtshilfe einzufordern.

Dagegen können allerdings Verstöße gegen geltendes Recht für Fluggäste beim Luftfahrt-Bundesamt zur Anzeige gebracht werden. Darunter fallen Verstöße gegen die Verordnung (EG) Nr. 261/2004, die Verordnung (EG) Nr. 1107/2006, die die Rechte von Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität und Behinderten regelt, sowie die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008, die die Bestimmungen bei der Preisfestsetzung und der Transparenz regelt. Nachgewiesene Verstöße werden daraufhin vom Luftfahrt-Bundesamt ordnungsrechtlich gegenüber den Fluggesellschaften verfolgt.

Was sind Voraussetzungen für Entschädigungen bei Flugverspätungen?

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Eine Entschädigung steht vielen Passagieren zu, auch wenn die meisten davon nichts wissen. Bildquelle: Rawpixel.com – 535875100 / Shutterstock.com

Damit die Verordnung für Fluggastrechte der EU greift, sind folgende Punkte zu beachten:

  • Wenn der Flug in einem Mitgliedstaat der EU landet, habt Ihr das Recht auf eine Entschädigung.
  • Die genutzte Fluggesellschaft muss zusätzlich ihren Sitz in der EU haben, wenn Ihr in einem Staat außerhalb der EU gestartet seid.
  • Es dürfen keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen.

Für welche Passagiere gilt das Recht auf Entschädigung?

Wenn man bei der ohnehin schon anstrengenden Reise auch noch zusätzliche Wartezeiten oder gar die Annullierung des Fluges in Kauf nehmen muss, ist der Ärger groß. Die meisten Passagiere wissen gar nicht, dass sie ein Recht auf Entschädigung haben, da die Fluggesellschaften geschickt verfahren, um den Passagieren nicht zu viele Informationen zukommen zu lassen.

Deshalb gilt es zu beachten, welchen Fluggästen eine Entschädigung zusteht. Zunächst müsst Ihr über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügen; das sollte selbstverständlich sein. Das gilt auch für ermäßigte oder kostenlose Flüge, die im Rahmen von Werbemaßnahmen oder Kundenbindungsprogrammen erhalten wurden. Allerdings gilt dies nicht, wenn Ihr kostenlose oder ermäßigte Angebote nutzt, die nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind.

Des Weiteren müsst Ihr euch zu der vorgegebenen Zeit am Check-In eingefunden haben. Der Zeitpunkt wird von der Airline oder dem zuständigen Reiseunternehmen schriftlich, grundsätzlich per Brief oder E-Mail mitgeteilt. Wurde keine Zeit angegeben, müsst Ihr spätestens 45 Minuten vor der Abflugzeit bei der Abfertigung gewesen sein.

Selbstverständlich gilt das Recht auch für Passagiere, die noch nicht volljährig sind. Selbst für Kinder unter zwei Jahren besteht der Anspruch auf eine Entschädigungszahlung von bis zu 600 €, selbst wenn für diese kein eigener Sitzplatz gebucht wurde.

Steht auch Dienstreisenden und Beamten eine Entschädigung zu?

Zunächst könnte man als Außenstehender denken, dass Beamte und Personen auf Dienstreisen die Entschädigung nicht zusteht. Der Arbeitgeber hat schließlich das Flugticket bezahlt und müsste logischerweise entschädigt werden. Allerdings entsteht dem Arbeitgeber durch die zusätzliche Wartezeit kein unmittelbarer Schaden.

Der Fluggast allerdings hat mit den Unannehmlichkeiten zu kämpfen, so dass auch hier Anspruch auf eine persönliche Entschädigung bis zu 600 € besteht. Gleiches gilt natürlich auch für die zusätzlichen Betreuungsleistungen.

Wie beantrage ich die Entschädigung bei Flugverspätung?

Ratgeber: Entschädigung bei Flugverspätung – wann Ihr eine Entschädigung bekommt und wie hoch diese ausfällt
Rechtlicher Beistand ist nicht zwingend erforderlich, allerdings sind die Fluggesellschaften sehr hartnäckig. Bildquelle: Africa Studio – 418286614 / Shutterstock.com

Sind die Reisestrapazen vorüber und man ist wieder in der Heimat gelandet, kann man sich aufmachen, seine Entschädigungszahlung zu erhalten. Beachtet man obige Bedingungen, sollte man schriftlich eine Entschädigung wegen der Flugverspätung von der Airline verlangen. Wie Ihr ebenfalls bereits wisst, hängt die Entschädigungssumme von der Entfernung zwischen dem Start- und dem Zielflughafen ab.

Dabei gilt allerdings nur die direkte Entfernung. Ist die Reise in mehrere Flüge unterteilt, können die einzelnen Flugdistanzen nicht addiert werden. Um die genaue Entfernung zu bestimmen, könnt Ihr Rechner für Flugdistanzenaus dem Internet zu Rate ziehen.

Daraus resultiert die Forderungssumme, die Ihr auch der Fluggesellschaft in eurem Schreiben genau mitteilen müsst. Zusätzlich fügt Ihr Kopien eurer Dokumente wie das Flugticket bei und im besten Fall eine schriftliche Bestätigung zu den Gründen für die Verspätung bei.

Ist die Fluggesellschaft überdies nicht für eure Verpflegung oder für das wegen der Verspätung notwendig gewordene Hotel aufgekommen, könnt Ihr dem Unternehmen diese Kosten ebenfalls berechnen. Auch hierfür sind wieder Belege und Quittungen nötig. Sind Euch bereits gebuchte Leistungen einer Pauschalreise durch die Flugverspätung entgangen, könnt Ihr die Kosten hierfür eventuell vom Reiseveranstalter zurückerhalten.

Bis wann muss ich den Antrag eingereicht haben?

Grundsätzlich hat man genug Zeit, um seine Ansprüche geltend zu machen. Bei der Ausgleichszahlung wegen Flugverspätung gilt die regelmäßige Verjährungsfrist, die erst nach drei Jahren eintritt. Allerdings solltet Ihr eventuell etwas früher anfangen, damit Ihr noch alle Daten und Dokumente beisammenhabt, wenn Ihr Eure Entschädigung beantragt.

Schwierigkeiten bei der Durchsetzung

Airlines sind Unternehmen, die auf Gewinnmaximierung aus sind. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sie alles daransetzen, Kosten zu vermeiden. Dazu zählen logischerweise auch die Entschädigungen der Passagiere.

Entweder sie berufen sich auf die außergewöhnlichen Umstände, die allerdings nur in wenigen Fällen tatsächlich stattfinden. Oft versuchen die Unternehmen auch, ihre Kunden auch mit Gutscheinen zufriedenzustellen. Oder aber sie lehnen eine Entschädigung direkt ab, in der Hoffnung, der Geschädigte gibt schnell auf.

So erhöht Ihr Eure Chancen auf Entschädigung

Eine schriftliche Bestätigung des Verspätungsgrundes, den Ihr Euch am Tag des Fluges von der Airline geben lasst, erhöht die Chancen ungemein. Darüber hinaus solltet Ihr der Airline klare Fristen zur Beantwortung eures Antrages setzen.

Ebenfalls kann es hilfreich sein, dem Unternehmen anzudrohen, dass Ihr Euch rechtlichen Beistand holt, wenn die Airline ablehnt bzw. überhaupt nicht antwortet.

Kommt Ihr alleine nicht zu einer Einigung mit der Fluggesellschaft, könnt Ihr Euch an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. (söp) wenden.

Fazit: Ab wann lohnt sich der Aufwand, einen Antrag zur Entschädigung zu stellen?

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Bei Flugverspätungen gibt es einige wesentliche Dinge zu beachten, möchte man später ein Anrecht auf Entschädigung haben. Bildquelle: mein-deal.com

Natürlich lohnt sich der Aufwand erst dann, wenn Ihr Aussichten auf Erfolg habt. Das beginnt bei der Einhaltung der oben genannten Bedingungen und endet mit einem klaren Anschreiben an die Airline. Wenn Ihr alle nötigen Dokumente zur Belegung der Tatsachen besitzt, ist der Aufwand im Vergleich zur Entschädigung eher gering und lohnt sich in jedem Fall, bei dem Anspruch auf eine Ausgleichszahlung besteht.

 

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