Bargeldloser Zahlungsverkehr gewinnt weltweit immer mehr an Bedeutung, wie Statistiken belegen. Auch der derzeitige Hype um Cryptowährungen, wie beispielsweise Bitcoin, zeigt das steigende Interesse an elektronischen Zahlungsmethoden. In den meisten westlichen Ländern zeigt sich dieser Trend – nur in Deutschland nicht! Warum lieben wir Deutschen unser Bargeld so sehr, obwohl es mittlerweile viele einfachere und schnellere Methoden gibt? Ist es die Anonymität beim Bezahlen oder sind wir einfach Gewohnheitstiere? Mit diesen Fragen beschäftigen wir uns in diesem Beitrag. Lasst gerne einen Kommentar mit eurer Meinung da!
Was ist bargeldloser Zahlungsverkehr?
Zu allererst die Frage der Definition: Was bedeutet bargeldloser Zahlungsverkehr? Prinzipiell zählt jede Zahlungsmethode zu bargeldlosem Zahlungsverkehr, die elektronisch Geld übermittelt und jegliches Bargeld somit unnötig macht. Hier ein paar Beispiele:
EC-Karte / girocard
EC-Karte ist die Abkürzung für den Begriff „Eurochequekarte“ oder auch „electronic cash„. Eine EC-Karte ist eine Bankkarte, mit der man an Geldautomaten Geld abheben oder direkt bargeldlos bezahlen kann. Bei EC-Karten handelt es sich um sogenannte „Debit-Karten„, bei denen der jeweilige Betrag nach dem Bezahlen direkt vom Girokonto abgebucht wird – und nicht zu einem späteren Zeitpunkt.
Merke: Was laut einer GfK Umfrage viele nicht wissen: 2007 wurde die EC-Karte zur girocard umbenannt. Dabei handelt es sich um ein und dasselbe System!
Kreditkarte
Die Kreditkarte ist das Musterbeispiel für bargeldlosen Zahlungsverkehr. Mit den meisten Kreditkarten kann man weltweit bargeldlos bezahlen. Der jeweilige Betrag wird, anders als bei einer Debit-Karte, erst zu einem späteren Zeitpunkt abgebucht. Man hat also für kurze Zeit einen Kredit aufgenommen.
Merke: Kreditkarte ist nicht gleich Kreditkarte! Es gibt auch Kreditkarten, die wie Debitkarten funktionieren und dementsprechend direkt das Geld vom Konto abgebucht wird.
Scheck, Überweisung und Lastschriftverfahren
Scheck, Überweisung und Lastschriftverfahren sind klassische bargeldlose Zahlungsmethoden, die offline funktionieren. Natürlich gibt es mittlerweile auch Online-Banking, wo man Überweisungen tätigen und Lastschriftverfahren in Auftrag geben kann. Als klassische Methoden, benötigen diese Zahlungsmethoden allerdings eine Unterschrift und müssen vor Ort bei der Bank getätigt werden. Mittlerweile kann man sich zwischen der Nutzung von Online-Banking und der persönlichen Bankberatungen entscheiden, wobei Online-Banking immer üblicher wird. Schecks sind inzwischen nur noch unter Geschäftspartnern üblich.
Mobile-Payment
Mobile Payment ist die neuste Bargeldlose Zahlungsmethode. Gemeint sind damit bargeldlose Zahlungsmethoden, die mit dem Smartphone getätigt werden können. Die bekanntesten Mobile-Payment Methoden sind PayPal, Android Pay, Apple Pay und Samsung Pay. Den Technologien hinter der mobilen Zahlungsmethoden sind dabei keine Grenzen gesetzt: Ob man einen QR Code scannen muss, um zum Zahlungsvorgang weitergeleitet werden zu können, ein PIN- oder TAN-Verfahren genutzt wird oder die Authentifizierung durch eine ID oder eine Bluetooth-Verbindung sichergestellt wird – Mobile-Payment ist im Kommen.
Bargeldloser Zahlungsverkehr weltweit
Wie sieht der Trend zu bargeldlosem Zahlungsverkehr in Deutschland und in anderen Ländern denn konkret aus? Sind die Unterschiede wirklich so groß?
Bargeldloser Zahlungsverkehr in Skandinavien
Dass die nordischen Länder uns in vielen Dingen voraus sind, ist nichts Neues. Hinzu kommt jetzt also auch noch die Disziplin des bargeldlosen Bezahlens. In den skandinavischen Ländern fehlt nicht mehr viel bis zu einer „cashless society“, also einer bargeldlosen Gesellschaft. Schweden und Dänemark sind auf Platz 1 und 2 der Weltrangliste in Bezug auf bargeldlosen Zahlungsverkehr. In Schweden macht Bargeld in Form von Schwedischen Kronen nur noch etwa 1,24% des BIPs (Bruttoinlandsprodukt) aus! Dicht gefolgt von der Norwegischen Krone, die in Norwegen nur noch einen Anteil von 1,38% am BIP. Dänemark befindet sich in der Weltrangliste mit Platz Nummer vier und 3,29% Anteil des Bargelds am BIP ebenfalls ziemlich weit oben!
Bargeldloser Zahlungsverkehr in Indien, Bhutan, Nepal
Erstaunlich, aber wahr! Auf dem dritten Platz der Weltrangliste für bargeldlosen Zahlungsverkehr befinden sich Länder, die mit indischen Rupien zahlen. Das beinhaltet Indien, Bhutan und Nepal. In diesen Ländern macht das Bargeld nur etwa 1,71% des BIPs aus.
Bargeldloser Zahlungsverkehr in Deutschland
Folgen wir dem Konzept der Weltrangliste nach Währungen und deren Bargeldanteil am BIP, befindet sich Deutschland weltweit auf Platz 14 von insgesamt 20. Gemessen wurde hier natürlich nur an der Euro-Währung, was alle EU-Mitgliedsstaaten miteinbezieht. Konkret macht der Bargeldanteil in EU-Mitgliedsländern ganze 10.34% am BIP aus! Dabei ist die Verteilung innerhalb der 28 Mitgliedsstaaten nicht aufgeschlüsselt. Länder wie die Niederlande haben allerdings einen wesentlich geringeren Bargeldanteil als Deutschland. Denn seit 2010 ist die Anzahl der Transaktionen im bargeldlosen Zahlungsverkehr in Deutschland nur minimal gestiegen: 2010 waren es insgesamt etwa 17.324.300 Euro, die durch bargeldlose Transaktionen innerhalb Deutschlands getätigt wurden; 2016 nur etwa 21.422.500 Euro, was einem Anstieg von etwa 4 Millionen Euro entspricht. Dieser Anstieg deckt sich nicht mit der technischen Entwicklung, die wesentlich größere Sprünge gemacht hat.
Warum hinkt Deutschland hinterher?
Die Deutschen scheinen ihr Bargeld einfach zu lieben. Im Schnitt hat jeder Deutsche 2.200 Euro in Bar zu Hause in seinem Sparschwein stecken. Eine Studie der ING-DiBa zeigte, wie wenig offen die Deutschen für bargeldlosen Zahlungsverkehr sind: Insgesamt 84% der Deutschen geben an, nie vollständig auf Bargeld verzichten zu wollen. Aber woran könnte das liegen? Wir haben drei Ideen dazu:
Skepsis
Mehrere Studien bei Statista zeigen: Sicherheit und Datenschutz gehen bei den Deutschen vor. Die meisten gaben in verschiedenen Studien an, dass sie Sicherheitsbedenken haben, wenn sie bargeldlos bezahlen. Einige bezogen diese Bedenken auch direkt auf den Datenschutz. Dasselbe Ergebnis gab es auch bei einer Umfrage dazu, warum sich Mobile-Payment in Deutschland noch nicht richtig etablieren konnte. Vielleicht beobachten die Deutschen erstmal, was die anderen Länder so machen, bevor sie sich mit bargeldlosem Zahlungsverkehr etwas wohler fühlen. Und ist das nicht oft so, wenn es um Veränderung geht? Zumal sich der Sicherheitsaspekt bei genauerer Betrachtung als sinnlos herausstellt, wenn man bedenkt, dass der Sparstrumpf mit den durchschnittlichen 2.200 Euro oder das Portemonnaie mit den durchschnittlich 103 Euro wesentlich einfacher gestohlen werden können als beispielsweise eine EC-Karte, für die man einen PIN benötigt.
Geringe Bekanntheit / Demographischer Wandel
In den oben genannten Statista Umfragen war ebenfalls eine der meist genanntesten Antworten die, die sich auf eine geringe Bekanntheit der Anbieter und der Möglichkeiten zum bargeldlosen Zahlungsverkehr bezieht. Demnach gaben viele Befragte an, dass sie als einen Grund dafür, dass sich der Gedanke an Bargeld so in den Köpfen der Deutschen hält den Folgenden vermuten: Durch den demographischen Wandel werden die Deutschen im Schnitt immer älter. Grund dafür ist, dass die medizinische Versorgung immer besser wird und wir eine dementsprechend längere Lebenserwartung haben und dass auf der anderen Seite immer weniger Kinder geboren werden, weil bei den meisten Karriere an erster Stelle steht. Würdet ihr also eurer Oma zutrauen, dass sie ohne Bargeld und nur noch mit ihrer EC- oder Kreditkarte das Haus verlässt? Oder noch banaler: Dass sie mit ihrem Smartphone ihre Brötchen kaufen geht? Das bedeutet also, dass die Statistiken für Deutschland eventuell nicht wirklich repräsentativ sein könnten. Denkt mal drüber nach…
Systemausgeprägtheit
Besonders kleine Läden, Restaurants und öffentliche Verkehrsmittel machen einem das bargeldlose Bezahlen in Deutschland schwer. Automaten im öffentlichen Nahverkehr nehmen oft erst nach dem gefühlt fünfzigsten Versuch die EC-Karte an, in Restaurants kann man oft erst ab einem Betrag von 20€ mit Karte zahlen und in vielen kleinen Läden wird allgemein nur Bargeld akzeptiert. Vielleicht ist das ein Grund dafür, dass die Deutschen in diesem Punkt so konservativ sind. Wenn man nichts anderes gewohnt ist und bereits in der Situation war, ohne Bargeld aufgeschmissen gewesen zu sein, fühlt man sich ohne mindestens 50 Euro im Geldbeutel verständlicher Weise eventuell unwohl. Laut einer Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) trugen die Deutschen 2016 im Schnitt 103 Euro im Geldbeutel mit sich – in Mitteleuropa waren es nur 65 Euro!
In den USA, Großbritannien und Skandinavien gibt es mittlerweile sogar Restaurants, in denen kein Bargeld mehr angenommen wird. Sogar auf Flohmärkten und in normalen Geschäften wird dort mittlerweile öfter mit dem Smartphone bezahlt, als mit Bargeld. Das ist für Deutschland derzeit noch undenkbar.
UMFRAGE: Wie bezahlt ihr?
Stimmt es also wirklich, was man über die Deutschen sagt? Zahlt ihr eigentlich auch immer mit Bargeld oder könnt euch zumindest nicht vorstellen, euch davon zu trennen?
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